Nur Reis und Bohnen?

Gas auf
Bohnen drauf
Reis rein
Mais lass sein
Schon gekocht
Nur kaum gemocht
Es schmeckt nach nichts – och mano
Abhilfe schafft Salsa Lizano
Drum iss auf
Und sei tico drauf


 

Fragt man die Ticos nach ihrem Lieblingsessen, wird man beinahe erschlagen von der kulinarischen Vielfalt, die einem geboten wird: Pinto, Casado, Rice & Beans. Reis mit Bohnen und Bohnen mit Reis. Doch wenn man genauer hinschaut, unterscheiden sich diese Mahlzeiten nicht nur in ihrem Namen, sondern auch in ihrem Geschmack. So wird Rice & Beans typischerweise mit Kokosmilch zubereitet, während man im klassischen Pinto eher die hier so beliebte Salsa Lizano findet. Tatsächlich besteht die primäre Ernährung von Ticos aus Reis, Bohnen, Fleisch und Zucker. Davon auszugehen, dass Costa Rica nur diese drei Gerichte zu bieten hat, ist jedoch ein großer Fehler. Von Cas, über Pejibaye bis hin zu Mammon Chino – von Platano über Maniok bis hin zu Chayote, wer hier auf der Suche nach exotischen Gerichten ist, soll diese auch finden. Mit Tamales, Picadillo, Ceviche und Patacones bietet die traditionelle Küche dann doch mehr Auswahl, als anfänglich gedacht. Wer in Richtung Karibik fährt, kommt auch in den Genuss karibischer Gerichte.

Dennoch schaut das typische Geburtstagsessen der Ticos relativ einfach aus: Reis mit Hühnchen, Chips und Fresco. Wie ungesund die Ticos leben, sieht man oft erst, wenn man vor Ort ist. Ob Eistee als Todesfalle für Diabetiker:innen oder pürierte Ananas im Verhältnis 2/1, die Süßung des Getränks ist essentiell und der „Fresco“, so werden die süßen Getränke hier genannt, Teil beinahe jeder Mahlzeit.

Die Chance der nächsten Monate

Ein halbes Jahr ist nun rum und es wird Zeit, etwas zurückzublicken und zu reflektieren.

1. Mein Projekt
In meinem Projekt habe ich mich mittlerweile gut eingearbeitet. Dadurch, dass ich jetzt besser Spanisch spreche, fällt mir der Umgang mit meinen Kolleg:innen deutlich leichter. Mein Projekt, das Centro Civico in Jacó, ist nach wie vor ein Ort, an dem ich mich wohlfühle. Ich konnte eigene Sportkurse starten und weitere Kurse sind in Planung. Nach den Winterferien der Kinder ist zum Glück wieder mehr Betrieb im Centro Civico, so wird es auch nie langweilig.

2. Meine Gastfamilie
In den letzten Monaten musste ich leider die Gastfamilie wechseln. Dennoch bin ich dankbar für meine neue Gastfamilie, da sie mich sehr herzlich aufgenommen hat. Durch meine neue Gastfamilie kann ich sehr gut in die Kultur Costa Ricas eintauchen und viel Spanisch lernen.

Die VISIONEERS Finca
Die gemeinnützige Organisation Asociación VISIONEERS Costa Rica wurde im Januar 2020 mit dem Ziel gegründet, soziale Projekte in Mittelamerika zu entwickeln und umzusetzen. Die Asociación setzt sich für globales Lernen, Umweltschutz und die Stärkung einer nachhaltigen Entwicklung in Mittelamerika ein. Asociación VISIONEERS CR hat im Jahr 2021 eine 55.000 m² große Kaffeeplantage in der Region San Andrés León de Cortes erworben. Ziel ist es, dass die Einnahmen des klimafreundlich produzierten Kaffees langfristig für die Umsetzung von sozialen Projekten und Weiterbildungen, für die in San Andrés de Leon Cortes lebenden Menschen, investiert werden.

KAFFEE in Costa Rica
Die ersten Kaffeepflanzen, in Costa Rica Grano de Oro (Goldkorn) genannt, wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts nach Costa Rica gebracht. Sie wurden zunächst als Zierpflanze gehalten, aber schon bald erkannte man das Potenzial der exotischen Sträucher. So wies man die heimischen Bewohner an, durch Anbau im eigenen Garten die Produktion anzuregen. Die ersten Kaffee-Fincas wurden ca. 1830 im Zentraltal eröffnet. Costa Rica exportierte als erstes Land Mittelamerikas den Ertrag nach Europa. Das wertvolle Exportprodukt Kaffee generiert auch heute ein hohes Einkommen für das Land.

San Andrés
Auf einer Höhe von 1200-1800 Höhenmetern und bei einer Temperatur von 15-28 Grad Celsius gedeihen die Kaffeebohnen am besten. Diese Bedingungen werden im Zentraltal Costa Ricas erfüllt. Hier befindet sich auch der Kanton León Cortés mit einer Gesamtbevölkerung von 12.200 Einwohner:innen. Dieser Kanton bildet zusammen mit den Kantonen Dota und Tarrazú eines der wichtigsten Kaffeeanbaugebiete in Costa Rica, die „Zona de los Santos“. In dieser Region werden ca. 30 % des Exportkaffees produziert.
León Cortés ist in sechs Bezirke unterteilt, darunter der Bezirk San Andrés mit ca. 1.600 Einwohner:innen. Dort besitzen ca. 100 Familien eine eigene Kaffee-, Gemüse- oder Obstplantage. Die ansässigen Kleinbäuer:innen sind von großen Unternehmen/Cooperativas abhängig und fühlen sich von diesen oft unterdrückt. Aktuell verkaufen alle Kaffeebäuer:innen in San Andres an die Cooperativas.
In San Andrés gibt es nur sehr wenige Ausbildungs- und Bildungschancen für junge Menschen, was zu sozialen Problemen, Armut und Kriminalität – und steigender Landflucht geführt hat. Inzwischen gehört San Andrés zu einem der Gebiete mit der höchsten Kriminalität des Kantons. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten Jahren um 12 % gesunken. Aktuell besuchen 25 Student:innen aus San Andrés die Universitäten in San Jose, da es in San Andrés keine Weiterbildungsmöglichkeiten für sie gibt. 25 % der Anwohner:innen pendeln beruflich täglich nach San Jose. In San Andrés gibt es neben den beiden lokalen Schulen keine Bildungs- und Freizeitangebote für die Bevölkerung. Die nächsten Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es in verschiedenen Nachbarsorten, welche mit dem Auto oder Motorrad ca. 30 Minuten entfernt liegen.

Bewirtschaftung der Kaffeeplantagen
In der Produktion werden die Kaffeebäuer:innen immer einschränkenderen Maßnahmen ausgesetzt: Folgen des Klimawandels sowie Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten beeinflussen den internationalen Kaffeepreis und die Produktion an sich. Viele Kleinproduzent:innen in der Region fühlen sich dazu gezwungen, ihre Plantagen zu verkaufen. Traditionellerweise übernehmen die Kinder der Familien in Costa Rica die Plantagen, doch durch Abwanderung oder wenig finanzielle Sicherheit kommt dies immer seltener vor. Die Unsicherheiten wirken sich immer mehr auf die Arbeits- und Sozialbedingungen der Kaffeepflückenden und Tagelöhnenden aus, welche geprägt sind durch Arbeitsplatzunsicherheit und Ungleichbehandlung.

Kulturschocks der letzten 6 Monate

Buenos días,

für meinen zweiten Blogartikel habe ich mir überlegt, dass ich eine Liste von Kulturschocks ausformuliere, die mir in meinem letzten halben Jahr in Costa Rica begegnet sind. Die Punkte habe ich dann nochmal in Kategorien eingeteilt, um es etwas übersichtlicher zu gestalten. Erstaunlicherweise ist es mir ziemlich leichtgefallen, die Kultuerschocks zu benennen. Im Folgenden soll es sich also um die Themengebiete Lebensmittel, Haushalt und Allgemeines drehen.

Lebensmittel:

#01: Salsa Lizano
Diese Soße ist typisch costa-ricanisch und wird für viele Gerichte zum Würzen benutzt. Aus einem costa-ricanischen Haushalt ist diese daher nicht wegzudenken und auch im Supermarkt ist sie mengenweise in allen Formen und Größen zu finden.

#02: Gallo Pinto
Es ist das Nationalgericht Nummer eins und wird vorwiegend zum Frühstück gegessen. Es besteht aus Reis und Bohnen vom Vortag und wird mit der eben erwähnten Salsa Lizano gewürzt.

#03: Pollo
Polllo, also Hühnchen wird in Costa Rica sehr viel gegessen und beinahe jedes traditionelle Gericht beinhaltet Hühnchen. Vegetarisch zu leben ist daher auch nicht ganz so einfach wie in Deutschland, aber durchaus machbar.

#04: Zucker
Dazu gibt es nicht viel zu sagen, außer dass er wirklich überall drin ist.

#05: Gummibärchen
In Costa Rica sind Gummibärchen eine echte Rarität und wenn es tatsächlich welche gibt, dann beinhalten sie noch mehr Zucker als in Deutschland. Im Automercado (Supermärkte mit vielen Importprodukten aus aller Welt) gibt es zwar Haribo, die aber zu einem viel zu hohen Preis angeboten werden.

#06: Schokolade
Als Mittelamerikanisches Land, in dem Kakaobohnen wachsen, sollte man meinen, dass es Schokolade in den verschiedensten Ausführungen gibt. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Mit Glück findet man irgendwo eine kleine Vollmilchschokolade, aber sowohl Zartbitterschokolade als auch weiße Schokolade sind nur sehr teuer im Automercado zu finden.

#07: Obst
Zwar muss ich auf Gummibärchen und Schokolade verzichten, dafür ist aber das Obst hier so viel besser als in Deutschland. Insbesondere wenn es zu Ananas, Papaya oder Wassermelone kommt. Aber auch Früchte wie Mamon Chino, die es in Deutschland gar nicht zu kaufen gibt, sind hier superlecker und definitiv etwas, was ich vermissen werde, wenn ich wieder in Deutschland bin.

#08: Batidos
Wo wir schon beim Thema Obst sind, muss ich unbedingt auch Batidos in die Liste aufnehmen. Batidos sind nichts anderes als Smoothies, werden aber in so gut wie jedem Restaurant angeboten. In der Regel hat man dann die Wahl zwischen einem Batido „en agua“ oder „en leche“, also mit Wasser oder Milch. Ein kleiner Tipp: Um das Obst in seiner natürlichen Süße genießen zu können, sollte man immer dazu sagen, dass man den Batido ohne Zucker möchte.

#09: Kochbanane
Kochbananen kannte ich vorher überhaupt nicht und ich muss ehrlich zugeben, dass ich lange gebraucht habe, um mich mit ihnen anzufreunden. Man kann sie sowohl kochen als auch backen oder frittieren. „Platano“, wie die Costa Ricaner sagen, gibt es auch wirklich überall in Form von Chips zu kaufen.

Haushalt:

#10: Essig und Chlor
Als Mischung mit Wasser werden Essig und Chlor zum costa-ricanischen Allzweckreiniger. Damit wird hier in Costa-Rica wirklich alles saubergemacht. Vom Wischen des Bodens, über das Schrubben der Zimmerwände, bis hin zum Waschen von Obst und Gemüse.

#11: Gelbe Putzlappen
Ich sag’s euch, diese Putzlappen sind wirklich überall. Die Mikrofasertücher kann man als Einheitsgröße überall kaufen und wirklich jeder besitzt diese Tücher und benutzt sie im Haushalt.

#12: Reiskocher
Nicht nur gelbe Mikrofasertücher, sondern auch mindestens ein Reiskocher darf in keinem costa-ricanischen Haushalt fehlen. Es ist aber auch sehr viel einfacher und schneller als Reis im Topf zu kochen.

#13: Waschmaschine
Die Waschmaschinen sind hier wirklich gewöhnungsbedürftig, denn sie sind zum einen sehr viel größer als deutsche Modelle und zum anderen werden sie ganz anders bedient. In der Waschmaschine sind Wäschetrommel und Schleuder voneinander getrennt. Vor dem Waschen muss in die Trommel manuell über einen Schlauch das Wasser eingelassen werden. Schließlich wird die Wäsche 15 Minuten in kaltem Wasser gewaschen. Bei stark verschmutzter Wäsche wird der Waschgang einfach nochmal wiederholt. Danach muss man die Wäsche noch fünf Minuten zum Schleudern in die Schleuder legen, bevor sie zum Trocknen aufgehängt werden kann.

Ankommen, Veränderungen, Erkenntnisse und Zusammenhalt

Ein neues Zuhause…

Hier in Bandera lebe ich wahrhaftig auf einem traumhaften Fleckchen Erde. Ich habe meine Gastfamilie unglaublich schnell ins Herz geschlossen und auch mit meiner Mentorin stehe ich immer wieder in Kontakt. Da die Pulpería, hinter welcher sich meine „cabina“ befindet, überaus gut besucht ist, habe ich zudem rasch neue Menschen kennengelernt und knüpfe immer wieder weitere Kontakte. Sei es durch gemeinsames Kochen oder die abendliche Runde „Halli Galli“. Mit der Zeit kann ich immer längere Gespräche führen oder aber mich auch einfach mit den anderen über die Neuigkeiten im Dorf austauschen.
Ich fühle mich wirklich wohl in meinem neuen Zuhause.

Aufgeschlossenheit und Rhythmen im Projekt…

Auch bezüglich der Arbeit mit den Kindern im Projekt UNO+ schien die anfängliche Eingewöhnungsphase schon bald in einen eigenen (wenn auch nicht zwingend konstanten) Rhythmus überzugehen. Die Kinder wurden offener und direkter und bei vielen legte sich die anfängliche Schüchternheit uns gegenüber recht schnell. Einmal wurde ich mit einem selbstgebastelten Brief samt lieber Nachricht überrascht und immer häufiger stellten mir die Kinder auch Fragen über mein Leben:
Wie ist es so in Deutschland?
Gibt es bei euch eigentlich Schnee?
Welche Hobbys hast du?

Erneut wurde mir vor Augen geführt, welche Vorbildfunktion wir Freiwilligen bereits nur durch unsere Anwesenheit in den Projekten haben und wie wichtig es ist, diese auch bewusst wahrzunehmen.
Durch die verschiedenen Workshops und Projekt-Bausteine gestaltete sich keine Woche wie die vorherige und wir drangen thematisch in die unterschiedlichsten Bereiche vor. Ich fand es beispielsweise sehr spannend zu erkennen, in wie vielen Kindern wahres musikalisches Talent schlummert und als sie sich beim Erlernen und Einstudieren einer Body-Percussion-Choreo, (bei welcher die Kinder ihren eigenen Körper als Instrument nutzen) einmal gegenseitig halfen und die Bewegungen erklärten, war ich wirklich überrascht, wie sehr diese Aufgabe das Verhalten der Kinder beeinflusste. Viele eher stillere und ruhige Charaktere erwiesen sich als wahre Erklärungsmeister:innen und selbst überaus aktive Kinder entwickelten eine bisher eher unbekannte Form von Geduld und Hingabe.

Zusammenhalt im Dorf…

Meine Arbeit im Projekt UNO+ und mein Engagement im Dorf gehen immer wieder Hand in Hand und so bemerkte ich schon früh den außerordentlichen Zusammenhalt, der dieses Dorf verbindet.

So findet beispielsweise bereits seit ein paar Jahren eine dorfeigene Weihnachtsfeier statt, welche von den Bürger:innen initiiert wurde, um jedem Kind in Bandera ein unbeschwertes Weihnachtsfest und ein, alles andere als selbstverständliches Geschenk, zu ermöglichen. Während diese im letzten Jahr aufgrund der Pandemie in Form eines Umzugs zu den Kindern nach Hause gebracht worden waren, fand während meiner Zeit hier in Costa Rica erneut ein Programm in der Grundschule statt. Alle 80 Kinder des Dorfes im Grundschulalter, also von der ersten bis zur sechsten Klasse, waren dazu eingeladen.
Schon Tage zuvor wurden kartonweise Päckchen in die Pulpería geliefert und auch die Einkaufsliste für das Event wurde immer länger. Gemeinsam befüllten wir Weihnachtstütchen mit einem Apfel, Trauben und einem kleinen Durstlöscher, verpackten Spielsachen um Spielsachen, bliesen einen Luftballon nach dem anderen auf und dekorierten fleißig mit oder bestuhlten den Schulhof. Bei der Feierlichkeit selbst unterstützte ich ebenfalls, wo auch immer Hilfe gebraucht wurde.
Die Kinder bekamen Besuch von Santa und seinen Weihnachtswichteln, wurden mit einem Programm durch den Nachmittag geführt und am Abend gab es verschiedene Aufführungen. Die Tanz-AG der Schule präsentierte einige Stücke, eine Band spielte und auch mit UNO+ hatten wir zwei musikalische Beiträge, welche die Projekt-Kinder in Bandera die Wochen zuvor einstudiert hatten.

 

Mein WG-Leben auf der Finca

Jetzt gab es schon lange kein Update mehr von mir aus Costa Rica. Das lag zum einen daran, dass sich in den letzten Monaten einiges auf der Finca verändert hat, gleichzeitig hatte ich nach meinem Urlaub (Anfang Januar) aber auch viel zu tun. Dafür kommt jetzt aber ein umfassender Zwischenstand.

Über den Jahreswechsel hat mich ein Freund aus Lübeck besucht, mit dem ich meinen zweiwöchigen Urlaub verbracht habe. Während der zwei schönen Wochen sind wird durch das ganze Land gereist und haben viel erlebt. Als ich dann am 07. Januar auf die Finca zurückgekommen bin, war die erste große Veränderung, dass unsere Chefs nicht mehr da waren. Sie hatten gekündigt und waren Ende Dezember ausgezogen. Das wusste ich zwar schon, es war jedoch trotzdem überraschend, dass sie nun wirklich weg waren. Sie hatten gekündigt, da sie eigentlich Pastoren sind und mit der Arbeit auf einer Kaffeefinca nicht sehr vertraut waren. Gleichzeitig gefiel ihnen das Leben in dem Dorf nicht und sie wollten lieber wieder in der Stadt wohnen, auch damit ihre Kinder mehr Anschluss finden können. Die Entscheidung konnte ich durchaus nachvollziehen, war mir aber anfangs nicht sicher, ob ich es gut oder schlecht finde, dass sie ausgezogen waren. Ihre Kündigung bedeutete für mich und meine Mitfreiwilligen, dass wir einerseits keine Chefs mehr hatten und gleichzeitig keine Nachbar:innen mehr, die ein bisschen wie eine Gastfamilie gewesen sind, jedenfalls für mich. Dadurch wurde es deutlich ruhiger auf der Finca und wir hatten mehr Platz, da wir uns nun auch in ihrem Teil des Hauses einrichten konnten.

Eigentlich war geplant, dass auf der Finca eine neue Familie einzieht, welche sich wieder um die Verwaltung und den Kaffeeanbau kümmern würde. Es war eine Familie aus dem Dorf im Gespräch, die wir auch gut kannten. Nach ein paar Wochen hin und her, entschied VISIONEERS sich dann aber dafür, keine neue Familie auf der Finca einziehen zu lassen, sondern mehr Arbeiter:innen einzustellen, welche sich um die Finca kümmern, aber nicht dort wohnen würden. Das lag daran, dass es hier für eine ganze Familie einfach zu wenig zu tun gibt, und wir mit der neuen Situation eigentlich sehr zufrieden waren.

Das neue WG-Leben

An das neue WG-Leben mussten wir uns erst gewöhnen, mir gefällt es aber ganz gut. Aber es ist auch eine Umstellung für mich. Wir haben jetzt mehr Freiheiten und gleichzeitig traut man uns auch mehr Verantwortung zu. Wir sind jetzt für mehr Dinge zuständig, nicht zuletzt auch für Luna, unseren Finca-Hündin, die gerade 4 Babies bekommen hat.

Wir wohnen jetzt quasi allein hier, was bedeutet, dass ich nun auch neue und mehr Aufgaben habe. Ich unterstütze VISIONEERS CR jetzt bei der Verwaltung der Finca, indem ich mehr organisatorische Dinge übernehme. Ich recherchiere zu neuen Projekten plane Seminare für andere Freiwillige und mache Social Media Arbeit. Die Aufgaben, die unsere Chefs vorher hatten, teilen wir jetzt unter uns Freiwilligen und einem Mitarbeitenden von VISIONEERS auf.
Gleichzeitig werde ich aber auch mehr in der Kaffeeplantage gebraucht, da dort zurzeit viel zu tun ist, sodass ich oft am Vormittag draußen mit dem Kaffee arbeite und nachmittags Aufgaben am Computer erledige. Da ich jetzt keinen Chef mehr im Nacken habe, werde ich viel produktiver und fühle mich auch nützlicher. Ich kann mir meine Aufgaben oft selber aussuchen, was für mehr Freude an der Arbeit sorgt. Ich verstehe mich gut mit meinen Mitbewohnenden und dadurch, dass das Gebäude der Finca nun fast fertig ist, haben wir auch alle unser eigenes Zimmer und Bad. Wir bewohnen die ersten zwei Teile des Hauses, im dritten Teil wird noch gebaut.

Die Kaffeeernte ist mittlerweile vorbei und es wird immer ruhiger im Dorf. Auf der Kaffeeplantage gibt es trotzdem viele Aufgaben: zurzeit müssen alle alten oder mit Ungeziefer befallenen Kaffeepflanzen abgeschnitten werden. Das wird per Hand gemacht und nimmt bei fünf Hektar Fläche eine gewisse Zeit in Anspruch. Gleichzeitig müssen die Pflanzen mit einem Mittel gegen Befall eingesprüht werden. Das wird ebenfalls per Hand gemacht. Zurzeit recherchiere ich auch nach Möglichkeiten, wie wir den Kaffee der zukünftigen Ernten mit mehr Gewinn verkaufen könnten. Als Option steht hier der Export nach Europa im Raum. Hier ist es meine Aufgabe, Dienstleister zu finden und Preise zu vergleichen. Die neue Aufgabe macht mir auch wirklich Spaß.

Abschiednehmen

Als ich angefangen habe, mich freiwillig in Deutschland zu engagieren, schien mein Abschied, das Ende immer ganz weit weg zu sein, doch nun, da es soweit ist und meine Rückreise wirklich greifbar wird, weiß ich gar nicht, was ich fühlen soll.

Im Laufe meines Freiwilligendienstes habe ich an einer großen Anzahl von Seminaren teilgenommen, in denen wir uns mit aktuellen Themen von globalem Interesse auseinandergesetzt haben. Darunter waren die Agenda 2030, Ungleichheiten auf der Welt, Umweltverschmutzung, Plastikverbrauch und Menschenrechte, ein breites Themenfeld, das viele Interessensbereiche abgedeckt hat. Daneben wurden aber auch individuelle Herausforderungen angesprochen, vor denen wir Freiwillige während und nach unserem Freiwilligendienst gestellt werden. Das wird mir hoffentlich dabei helfen, die Emotionen und Veränderungen angesichts des umgekehrten Kulturschocks, zu verarbeiten.

Es fühlt sich an, als ob nach all den Monaten des Kampfes, in denen ich versucht habe, mich an eine neue Kultur und wie diese gelebt wird, an eine neue Sprache, Lebensweise und sogar an die Art und Weise wie hier gegessen wird, anzupassen, ich nun an den Punkt gelandet bin, an dem ich sagen kann, dass ich endlich da angekommen bin, was ich als Anpassung definiere.

Nun blicke ich auf die letzten Monate zurück und es ist seltsam, über die Achterbahn meiner Gefühle nachzudenken, die ich im letzten Jahr erlebt habe.
Für den einen oder anderen mag es traurig erscheinen, wenn die Ziele die sie oder er sich gesetzt hat, nicht erreicht werden konnten. Auch mir geht es am Ende meiner Zeit in Deutschland so. Ich hatte viele Ziele und Erwartungen an das Jahr, aber nicht alle davon konnte ich so umsetzen, wie ich es mir gewünscht habe.
Aber ich bin darüber nicht traurig. Es ist normal, dass unsere Pläne am Ende nicht so aufgehen, wie wir uns das vielleicht gewünscht hätten. Aber ich glaube fest daran, dass es wichtig ist zu lernen, das Gefühl, dass man die Dinge besser hätte machen können, dieses auszuhalten und zu akzeptieren. Es ist auch Teil des individuellen Wachstums eines jeden Menschen.

Gesegnet

Mein Name ist Miguel (Mike) Lazo. Ich komme aus El Salvador und leiste seit ein paar Monaten meinen Freiwilligendienst im Schloss Ascheberg in Schleswig-Holstein. Hier ist eine Zusammenfassung meiner ersten Monate in Deutschland:

Es gibt viele Worte, die ich verwenden könnte, um diese letzten vier Monate zu beschreiben. Dazu gehören Freude und Glück, aber das wohl passendste Wort ist wahrscheinlich „gesegnet“. Seit dem Moment, in dem ich Deutschland betreten habe, kann ich die Hand Gottes sehen. In der ersten Woche hatten wir ein sehr bereicherndes Seminar, bei dem ich etwas über die Erfahrungen anderer Freiwillige lernen konnte. Sowohl deutsche als auch lateinamerikanische Freiwillige konnten mir dabei helfen, darüber nachzudenken, wie dieses Arbeitsjahr für mich werden würde. Die erste Woche war ein sehr schöner Anfang für mich. Doch dann erfuhren Julio (mein Mitfreiwilliger) und ich, dass es nun an der Zeit für uns war, zu gehen. Außerdem mussten wir dabei auch feststellen, dass uns eine längere Reise nach Ascheberg bevorstand. Wir fuhren mehr als fünf Stunden, was mich aber nicht störte, da wir an wunderschönen Landschaften vorbeifuhren. Außerdem war ich mit Julio und Esteban in guter Gesellschaft.

Ankunft im Schloss

Im Schloss habe ich mich schnell wohlgefühlt, weshalb ich mich bald gut einleben konnte.

1. Monat:

So verging der erste Monat wie im Flug. Alle Mitarbeitenden und Freiwillige vom Schloss Ascheberg waren sehr nett und verständnisvoll und konnten uns so dabei helfen, hier richtig anzukommen. Sie haben uns alles gegeben, was wir brauchten.

2. Monat

Im zweiten Monat habe ich mich vollständig an den Ort, meine Arbeit und die Gruppen gewöhnt, sodass sich allmählich eine Routine entwickelt hat. Ich führe mit den Gruppen, die zum Schloss kommen, verschiedene Aktivitäten durch, wozu beispielsweise Klettern, Kanufahren und Spaziergänge im Wald zählen.

„Das ist doch nicht zu viel!“

Weihnachten in Costa Rica ist ziemlich wichtig. Schon im Oktober, kurz nach Halloween, beginnen die Vorbereitungen. In der ganzen Stadt funkeln Christbaumkugeln und Lichterketten an riesigen Weihnachtsbäumen in Einkaufszentren. Auch im Kinderheim stand der Weihnachtsbaum ziemlich früh und ein zweiter kam noch hinzu. Die richtige Weihnachtsdekoration durfte natürlich nicht fehlen und so wurde der Außenbereich schnell in Rot und Grün getaucht.
Mit viel Beleuchtung und hängenden Micky-Maus Weihnachtskugeln, wurde uns die Dekoration präsentiert. Das Gesicht meiner Mitfreiwilligen Emma ist nur schwer zu vergessen. Minimalistische, dezente Dekoration gibt es hier nicht. Zu unserem Erstaunen haben Emma und ich schnell gemerkt, dass Weihnachten hier ganz anders gefeiert wird. Zu der Vorfreude in Costa Rica gehört neben der richtigen Dekoration auch die richtige Partyausstattung. Gemeint sind Luftschlangen, Pfeifen, Trompeten oder auch Musik. Hauptsache es ist laut!! Dass sich dabei auch mal Abschiedsfeiern nicht von Geburtstagsfeiern unterscheiden lassen, ist ziemlich üblich. Es wird getanzt, gesungen und Unmengen an Kuchen und Süßes gegessen.

„Jesús es Navidad“

Auch wenn Weihnachten eine kleine „Fiesta“ ist, wird der religiöse Ursprung nicht vernachlässigt. Immer wieder wird erwähnt, dass Weinachten Jesus sei, während nebenbei Kindermusik, die die Geburt Jesus Christus nacherzählt, zu hören ist. Weihnachten ist nicht nur, neues Spielzeug zu bekommen, sondern auch der Glaube.
Wo bleiben die Geschenke?! Wochen vor der eigentlichen Weihnachtsfeier, gab es bei uns schon Bescherung. Die Kinder bekamen Kuchen und Süßes und durften dann die kurz zuvor unterm Baum platzierten Geschenke öffnen. Organisiert wurde dies von Freiwilligen, die die Geschenke gespendet haben. Neben haufenweise neuem Spielzeug, durften wir später auch Windeln, Kleidung, Handtücher und Hygieneprodukte einräumen. Das blieben aber nicht die einzigen Spenden. Im Laufe des Monats kamen Spender vorbei mit ganzen Tüten voll eingepackter Geschenke. Auch wurden die Kinder auf ein riesiges privates Grundstück eingeladen, auf dem sie von einer Clown-Show, Hüpfburg und Pferden begeistert wurden.

Lächeln und Träume

Wer wir sind

Wir sind Lara und Katharina, 18 Jahre alt und aktuell als weltwärts-Freiwillige mit VISIONEERS in Costa Rica. Im Juli haben wir noch die letzten Tage in der Schule verbracht und im August ging es dann schon los mit einem neuen Lebensabschnitt.

Unser Zuhause und unser Projekt

Hier in Costa Rica wohnen wir bei Gastfamilien in einem kleinen Dorf in den Bergen namens “Tabarcia”, etwa eine Stunde von der Hauptstadt San José entfernt. Unsere Arbeit ist ein Ort weiter, in Guayabo. Hier arbeiten wir in der Kindertagesbetreuung “Centro Infantil – Sonrisas y Sueños”. Die Kindertagesstätte wird von vielen Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren besucht. Aktuell gehen hier täglich 55 Kinder ein und aus. Viele Kinder kommen aus einem schwierigen Zuhause mit wenig Geld und Besitz. Oftmals sind die Eltern alleinerziehend  auch sehr junge Mütter. Das Centro Infantil wird zu großen Teilen vom Staat finanziert und erhält Spenden von der Kirche und von US-amerikanischen Botschafter:innen.

Das Centro Infantil

“Sonrisas y Sueños“, das Motto des Centro Infantils, bedeutet „Lächeln und Träume“. Die Kinder bekommen hier die Möglichkeit, in Kontakt mit anderen Kindern zu kommen und mehrere Mahlzeiten und einen sicheren Ort zu haben, an dem sie “lächeln und träumen” können. Das alles soll ihnen dabei helfen, einen ganz eigenen, guten Start ins Leben zu haben.

Unsere Aufgabe ist es, die Kinder hierbei zu begleiten. Vom Englischunterricht am Morgen, über das gemeinsame Essen bis zum Spielen und Basteln ist alles dabei. Nebenbei dürfen wir auch immer wieder kleine Projekte durchführen.
Unser aktuelles Projekt ist die Gestaltung eines Adventskalenders. Diese sind hier in Costa Rica nicht besonders üblich. Hinter jedem Türchen wartet eine kleine Überraschung auf die Kinder. An manchen Tagen basteln oder backen wir mit ihnen, an anderen Tagen haben wir selbst kleine Spiele, wie Puzzles oder ein Memory erstellt.
Während im Centro Infantil viele Kinder eine Ablenkung bekommen, war es für uns hingegen anfangs ein kleiner Schock, mit Armut und Ungerechtigkeit konfrontiert zu werden. Denn ihre persönlichen Geschichten lassen die Kinder natürlich nicht in ihrem Zuhause – man bekommt zu großen Teilen mit, wie es den Kindern geht und wie sie aufwachsen. Auch wenn wir in Deutschland darauf vorbereitet wurden, ist es letztendlich anders und emotionaler, als wir uns es vorgestellt haben. Doch obwohl unsere Arbeit Schwierigkeiten birgt und man viel Geduld und Durchsetzungsvermögen benötigt, um das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, freuen wir uns, dass wir mit unserer Arbeit den Kindern immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern können.