Für diejenigen, die mich noch nicht kennen: Ich bin Andrés aus Costa Rica und mache seit 6 Monaten meinen Freiwilligendienst in Deutschland. Heute möchte ich euch von meinen Erfahrungen berichten, die ich in den letzten drei Monaten bei meiner Einsatzstelle gemacht habe. Dort haben wir mit der Arbeit an einem Gebäude begonnen, das für soziale Zwecke genutzt werden soll und viele geflüchtete Kinder und Jugendliche in Deutschland erreichen wird, die hier ein neues Leben beginnen.
Ich muss zugeben, dass das alles sehr neu für mich war. Aber ich bin jemand, der sehr schnell lernt und immer sein Bestes gibt. In den ersten Monaten begannen wir, den Innenausbau von Grund auf durchzuführen. In diesen Monaten haben wir mit Hilfe anderer Freiwilliger gelernt, sehr gut im Team zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass sich die Mühe lohnt.
Wir haben mit dem Fußboden, der Decke und den Badezimmern angefangen, machten große Fortschritte und ich bin froh, zu wissen, dass durch meine Arbeit viele Kinder und Jugendliche in diese Räume kommen können. Dort werden sie immer Unterstützung finden und sich bei unserem Team wie zu Hause fühlen können.
Heute, nach drei Monaten, sind wir ein ganzes Stück weitergekommen, und ein Raum ist komplett fertig ✅ Wir freuen uns, mit diesem neuen Projekt begonnen zu haben und hoffen, dass es ein Segen für viele und für viele Jahre sein wird.
Für uns in Deutschland ist Kaffee selbstverständlich – er macht uns wach und schmeckt gut. In Costa Rica hat Kaffee eine wichtige ökonomische Rolle und dient nicht nur als Wachmacher.
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Für Costa Rica ist Kaffee ein wertvolles Exportprodukt und generiert hohes Einkommen.
Kaffeeanbau hat daher auch einen großen Einfluss auf die Entwicklung, das Zusammenleben und den Frieden des zentralamerikanischen Landes. Seit Beginn des Exports und dem Zufluss von Fremdwährungen wurden viele Innovationen innerhalb des Landes möglich, wie zum Beispiel die Entwicklung des Bankwesens.
In der Produktion aber sehen sich die Kaffeebäuer:innen verschiedenen Problemen ausgesetzt, die sie immer mehr einschränken: Folgen von Klimawandel, aber auch Schädlinge oder Pflanzenkrankheiten beeinflussen den internationalen Kaffeepreis und die Produktion. Diese Unsicherheiten wirken sich auf die Sozial- und Arbeitsbedingungen aus.
Die Arbeitsbedingungen auf den Kaffeeplantagen sind hart: viele Stunden, kaum Pausen, keine Betreuung für die Kinder der Arbeiter:innen, schlechte Unterbringung und unzureichende Versorgung mit Trinkwasser und Mahlzeiten. Zudem führt die lokale konservative Kultur gegen Ausländer:innen sowie institutionelle Abwesenheit zu Diskriminierung und Ausgrenzung einiger Arbeiter:innen, die aus angrenzenden Ländern zur Kaffeeernte kommen. Manche Familien sind gezwungen, ihre Kinder mit zur Arbeit zu nehmen und für unverhältnismäßige Löhne zu arbeiten.
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Die Kaffeeaktivität des Landes kommt derzeit ca. 40.000 produzierenden Familien in acht Regionen des Landes zugute. Eines der wichtigsten Kaffeeanbaugebiete ist die Zona de los Santos, welche aus den Kantonen León Cortés, Dota und Tarrazú besteht. León Cortés ist in sechs Bezirke unterteilt, darunter der Bezirk San Andrés mit ca. 1600 Einwohner:innen.
San Andrés ist ein Stadtteil mit wenigen Ausbildungs- und Bildungschancen für junge Menschen, was zu sozialen Problemen, Armut und Kriminalität sowie steigender Landflucht führt. In der Region Los Santos werden ca. 30 % des Exportkaffees produziert. Die ansässigen Kleinbäuer:innen sind hierbei meistens von großen Unternehmen/Cooperativas abhängig und fühlen sich von diesen oft unterdrückt.
Schaffung eines Bildungszentrums
Durch die Schaffung eines Bildungszentrums in der Region León Cortés wollen wir den örtlichen Problemen in der Kaffeeproduktion entgegentreten und Zukunftsperspektiven für junge Menschen schaffen, Kleinbäuer:innen mehr Unabhängigkeit von Kaffeegroßproduzenten bieten, aber auch Bewusstsein für die Thematik schaffen und nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung vor Ort fördern.
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Zudem sollen die jungen Menschen in San Andrés de León Cortés in der Bildungsstätte nachhaltige Förderung erhalten. Gleichzeitig werden wir auch insbesondere die Frauen der Plantagen, alleinerziehende Mütter und die Familien der Kleinbäuer:innen unterstützen.
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Die geplante Bildungsstätte wird ein sicherer und integrativer Ort für alle Menschen vor Ort werden. Unabhängig von Herkunft, Nationalität, Bildung und sozialem Niveau wird der Zugang möglich sein. Je nach Interesse können die jungen Menschen auch auf einen Süd-Nord Freiwilligenaustausch vorbereitet werden.
Das Programm der Weiterbildungen und Angebote ist vielfältig geplant. Neben Workshops zu Kaffeeanbau wird es auch Projekte zu Landwirtschaft und Effizienz geben. Kaffeebäuer:innen, Landwirt:innen und junge Menschen/ Tagelöhnende erhalten Weiterbildungen und Trainings zu ökologischem und umweltschonendem Kreislaufanbau.
Außerdem soll es Sprach- und Computerkurse, Workshops zu Verwaltung, Unternehmertum sowie technischen Berufen geben. In dem Bildungszentrum können bis zu 40 Personen Trainings erhalten. Um dem Bedarf an Kinderbetreuung entgegen zu kommen wird es ein Familienzimmer und zwei Multifunktionsräume geben.
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Das Projekt wird von unserem Partner Asociacion VISIONEERS Costa Rica koordiniert und überwacht. Es wird mitfinanziert durch Spenden. Wer will, kann die Finka bald sogar besuchen! Wenn du dich gerne miteinbringen möchtest oder sogar beim Bau mitanpacken möchtest, melde dich bei uns. Du möchtest unsere Arbeit finanziell unterstützen?
Wir freuen uns jederzeit über Spenden.
Unsere Kontodaten:
VISIONEERS e. V.
Evangelische Bank
IBAN: DE68 5206 0410 0005 0296 86
BIC: GENODEF1EK1
Betreff: Name + Adresse für Spendenquittung
Am 1. August startete für mich ein ganz neues Erlebnis: ein Freiwilligendienst bei VISIONEERS in Berlin!
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Neu ist nicht nur das Umfeld, die Arbeit und die Stadt, sondern auch das Alleine-Wohnen und -Kochen, die 40-Stunden-Woche und die paar Spanisch-Vokabeln, die ich von meinen Mitfreiwilligen Andres und Jordy aufgeschnappt habe.
Nach Berlin ging es mit meiner Familie und einem vollen Auto schon eine Woche vor meinem Start bei VISIONEERS, um erstmal in Ruhe die Stadt zu erkunden, bevor meine Gesellschaft dann die Rückreise nach Köln angetreten ist und ich alleine hiergeblieben bin.
Alleine war ich aber nicht lange, denn schon am nächsten Morgen ging es am Hauptbahnhof mit einer Gruppe aus Costa Ricaner:innen und Deutschen los ins „Gästehaus Gussow“, wo ich an einem „Train The Trainer“-Fortbildungsseminar teilnehmen durfte, während zeitgleich Weltwärs-Vorbereitungs-Seminare für Freiwilligendienste in Deutschland, bzw. in Costa Rica stattfanden. Die drei Tage waren wunderbar und vergingen wie im Flug, ich konnte mein zukünftiges Team abends beim gemeinsamen Lagerfeuer kennenlernen (was mich als Pfadfinderin besonders glücklich gemacht hat), mich mit den Weltwärts-Freiwilligen auf das bevorstehende Jahr freuen und mir wertvolle Methoden in der Planung und Leitung eines Seminars aneignen!
Und so schnell wie das Seminar, verging auch der Rest meiner ersten Woche. In der ersten Zeit ging es natürlich hauptsächlich darum mich in unterschiedliche Programme, Vorgehensweisen und den Arbeitsalltag (auch wenn dieser nie gleich ist) einzuführen. Mir hat es sehr geholfen Anna an meiner Seite zu haben, die ihren letzten Monat des Freiwilligendienstes bei Visioneers verbracht und mir geduldig jede Frage beantwortet hat, denn sie weiß wirklich alles!
Inzwischen, einen Monat später, habe ich mich gut eingelebt, fühle mich immer noch sehr wohl im Team und bin jeden Nachmittag unterwegs, um in dem Projekt „Mobile Jugend-Lernhilfe“ Kinder und Jugendliche in Wohngruppen bei ihren schulischen Aufgaben zu unterstützen, was mir sehr viel Spaß macht!
Ich freue mich auf das was mich in den nächsten Wochen noch erwartet, auf die Herbstferienschule, auf die neuen Räume für die Jugendarbeit und auf die gemeinsame Zeit mit allen Menschen, die ich hier bisher kennenlernen durfte und noch kennenlernen werde!
Hallo, mein Name ist Gabriel Sánchez, ich bin 19 Jahre alt und möchte dir von diesem neuen Abschnitt meines Lebens erzählen, der gerade begonnen hat.
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Am 4. Juli 2021 verließ ich mein Land Costa Rica in Richtung Berlin, weil ich es geschafft habe, mich für einen Freiwilligendienst im „Missionscamp Oderbruch e.V.“ zu bewerben. Das Missionscamp ist ein christliches Camp, das Menschen mit der Botschaft der Liebe Jesu bekannt machen will, offen für Familien, Kinder und Jugendliche ist, aber auch Menschen wie mir die Möglichkeit gibt, durch einen Freiwilligendienst zur Mission beizutragen. In diesem Wissen möchte ich euch ein wenig über meine Erfahrung erzählen, alleine auf einen anderen Kontinent zu reisen, wie meine erste Woche war und wie mein erster Kontakt mit einer Sprache und einer Kultur war, die sich sehr von der meinen unterscheidet; bevor ich anfange, möchte ich Gott und meiner Organisation Visioneers für diese Gelegenheit danken, die zweifellos mein Leben verändern wird.
Nach all dem Papierkram, vielen Terminen bei der deutschen Botschaft in Costa Rica mit vielen Dokumenten und Anträgen, wurde am 24. Juni mein Visum genehmigt, so dass ich ohne weitere Wartezeit begann, alles Notwendige für die Reise vorzubereiten. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass man aufgrund der globalen Situation mit COVID-19 entweder einen negativen Antigen- oder PCR-Test vorweisen muss ( wobei ich empfehle, einen Antigentest zu machen, da er genauso funktioniert und viel billiger ist), ansonsten braucht man nur das, was man glaubt, für ein Jahr in einem anderen Land zu brauchen: Kleidung, Schuhe, Computer, Medikamente und in meinem Fall eine Gitarre, die natürlich nicht fehlen darf.
Endlich kam der Tag der Reise und all die Emotionen, die ich so lange zurückgehalten habe, kamen hoch, während ich auf dem Weg zum Flughafen war. In meinem Fall wurde ich von meiner unmittelbaren Familie begleitet, aber ich denke, dass eine Person, die da ist, um einen zu verabschieden, mehr als genug wäre.
Sobald man am Flughafen in Costa Rica ist, ist der Prozess sehr einfach: man kommt zum Schalter mit dem Namen der Fluggesellschaft und legt die Dokumente vor, nach denen sie fragen, in meinem Fall nur meinen Reisepass und den negativen Antigentest, danach gibt man sein Gepäck ab und sie geben einem ein Flugticket mit den notwendigen Angaben und Informationen, damit man das richtige Flugzeug zur richtigen Zeit besteigen kann. Da das Reisen mit dem Flugzeug für eine so lange Zeit (in meinem Fall 12 Stunden von Costa Rica nach Paris, Frankreich und 2 Stunden von Paris, Frankreich nach Berlin, Deutschland) und das Gehen in solchen großen Flughäfen weit davon entfernt ist, eine komfortable Erfahrung zu sein und man gestresst werden kann, weil es das erste Mal ist, man die Sprache nicht kennt und so weiter… empfehle ich, sich so bequem wie möglich zu kleiden, mit bequemen Schuhen und vor allem ohne Übergepäck, eine kleine Handtasche ist eine gute Option, um die notwendigen Dokumente wie Pass und Flugtickets zur Hand zu haben und auch Fotos von allem auf dem Handy zu haben, damit man nicht in jedem Gepäckstück suchen muss. Unter Berücksichtigung dieser Hinweise war meine Reise nahezu schnell und es ist wichtig zu wissen, dass alle Mitarbeitenden bereit sind, einem jederzeit zu helfen, wenn man sie braucht – denk daran, zuerst zu fragen, in welcher Sprache du mit ihnen sprechen kannst, du wirst überrascht sein, wie viele Menschen in Europa Spanisch sprechen, ansonsten ist Englisch immer die beste Option.
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In Berlin angekommen, wartete ein Mitarbeiter des Missionscamps Oderbruch auf mich und wir fuhren direkt zum Camp. Aufgrund der Vorschriften in Deutschland musste ich eine 5-tägige Quarantäne machen und den obligatorischen Gebrauch von Masken in der Gegenwart anderer Menschen berücksichtigen, aber in Anbetracht dessen war meine erste Woche hier sehr gesegnet und voller Freude.
Als ich im Camp ankam, hatte ich trotz der langen Reise noch viel Energie und Enthusiasmus, den Ort und die Menschen, mit denen ich arbeiten würde, kennenzulernen, und so begann ich auch noch am selben Tag mit meiner Arbeit. Es lohnt sich zu sagen, dass jeder versteht, dass man neu ist und dass man weder in seinem eigenen Land ist noch die Sprache perfekt spricht, deshalb muss man sich keine Sorgen machen – die Leute werden versuchen, den Prozess der Eingewöhnung in das Land immer so angenehm wie möglich zu gestalten und man wird einen Weg finden, mit ihnen zu kommunizieren und sich auszutauschen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass meine erste Woche im Camp sehr gut war, ich habe viel gearbeitet und auch eine Menge gelernt. Abgesehen davon, dass die Kultur ganz anders ist, wir eine andere Sprache haben und ich eine Woche lang keinen Reis und keine Bohnen gegessen habe, denke ich, dass alles eine Frage der Offenheit für Veränderungen und neue Eindrücke ist.
Mein Rat? Genieße alles, jedes Essen, jedes Gespräch, jede Person, jeden Patzer… alles wird eine Geschichte sein, die du später erzählen und darüber lachen kannst. Gott segne dich und sei mit dir auf deinem Abenteuer.
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Die letzten zwei Monate hier in Berlin habe ich als durchgehenden Lernprozess und stetes persönliches Wachstum erlebt. Damit angefangen, wie ich mit den Öffis von A nach B komme, bis hin zum Lernen neuer Wörter – jeder Tag ist eine Herausforderung und ich lerne immer etwas dazu. Auch bei meiner Freiwilligenarbeit im Kindergarten habe ich viel über pädagogische Methoden gelernt. Doch nicht nur das: Tatsächlich entpuppten sich die Kinder als hervorragende Lehrer, denn Kinder sind direkt und ehrlich, wenn sie deine Aussprache korrigieren.
In Hinblick auf die persönliche Entwicklung glaube ich, dass die Freiwilligenarbeit in Deutschland sehr bereichernd ist. Die Herausforderung, die Komfortzone in unserem eigenen Land, wo wir uns gut auskennen, zu verlassen und in ein Land mit einer ganz anderen Kultur, Sprache und Infrastruktur zu kommen, kann am Anfang etwas schwierig sein, aber wichtig ist einfach eine positive Einstellung.
Ich kann berichten, in diesen zwei Monaten wunderbare Menschen kennengelernt zu haben, sowohl bei der Organisation als auch bei meiner Arbeit selbst. Meine Ideen wurden geschätzt und ich habe mich wie zu Hause gefühlt. Auch wenn es mir mal nicht so gut ging, haben sie mich immer unterstützt. Positive Energie ist immer wichtig, genauso wie offen zu sein und seine Arbeit mit Liebe und Hingabe anzugehen.
Wenn man über das weltwärts- Programm ausgeschickt wird, werden vom BMZ natürlich auch Ansprüche an den Freiwilligen gestellt. Da wären das Spendensammeln zu Beginn des Freiwilligendienstes, aber auch die Erwartung, sich nach seinem Freiwilligenjahr zu engagieren und entwicklungspolitisch weiterzubilden. In erster Linie macht sich ein frischgebackener Freiwilliger natürlich Sorgen um die Spendensumme, die gar nicht so einfach zu beschaffen ist. Über den zweiten Punkt, die Bereitschaft, sich vollkommen auf das Thema der Entwicklungshilfe und der internationalen Beziehungen einzulassen, denkt man zu Beginn nicht groß nach. Man liest zwar den Punkt seines Vertrages durch, in dem man dazu aufgefordert wird, sich nach Beendigung des Dienstes weiter ehrenamtlich zu betätigen, aber naja, leere Worte. Das wird man schon irgendwie machen, klar, dass das Ministerium das schreiben muss.
Dass sich meine Interessenslage, meine Lebenseinstellung und Mentalität so grundlegend ändern würde, hätte ich deshalb nie erwartet. Besonders nicht angesichts des pandemie-bedingten Freiwilligenabbruchs nach nur sieben Monaten. Und doch: Inzwischen bin ich an meinen Studienort gezogen und über meinem Schreibtisch hängt das Ergebnisdokument der Vereinten Nationen der Weltkonferenz über indigene Völker gleich neben einem Schema zur Definition nachhaltiger Gemeinschaften.
Atiycuy Perú
Die sieben Monate meines Freiwilligenjahres verbrachte ich in Peru. Im Projekt „Atiycuy Perú“ arbeitet man nicht nur mit indigenen Völkern, man verbringt auch außerhalb der Arbeit sehr viel Zeit mit den Yanesha. Ob es nun Ausflüge am Wochenende mit Carlos und Cely, dem Yanesha-Pärchen aus unserem Team, Übernachtungen in den indigenen Dörfern oder Besuche bei Meda sind. Meda betreibt einen kleinen Yanesha-Kunsthandwerksladen in unserer Kleinstadt. Und sie bringt uns gern bei, wie wir unseren eigenen Schmuck herstellen können, indem wir die selben Samen wie die Yanesha nutzen. Diese Samen werden nicht irgendwo gekauft, die Yanesha sammeln sie in den Bergen. Edlinda, eine bezaubernde Omi in einem der Dörfer erzählte mir einmal, dass ihr Mann für ein kleines Säckchen roter Samen (also ungefähr 100g) häufig 3 oder 4 Tage auf Suche ist.
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Die Indigenen- Gemeinschaft
Die Begegnungen mit den Yanesha hielt für mich sehr gegenteilige Erfahrungen bereit. Gegenteilig, im Leben eines Indigenen jedoch gleichsam real. Zum einen ist da die offene, selbstlose und fröhliche Mentalität, mit der die Yanesha miteinander und mit Fremden umgehen. Die Bezeichnung „Comunidad Nativa“ heißt übersetzt nicht etwa „Indigenen-Dorf“, sie bedeutet „Indigenen-Gemeinschaft“. Und es ist ebendiese Gemeinschaft, die das Leben der Yanesha prägt. Carlos erzählte mir, dass sobald ein Yanesha ein Haus für sich und seine Familie bauen will, das ganze Dorf mit anpackt und das Haus innerhalb von nicht einmal sechs Wochen steht. Das ist Gemeinschaft. Im erschreckenden Kontrast zu diesen liebenswerten Menschen, von denen wir alle sehr viel lernen können, stehen ihre Erfahrungen mit Nicht-Indigenen. Bei Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche angefangen erleben die Indigenen Perus Diskriminierung in allen Lebensbereichen. Von Beschimpfungen, Landraub und Diebstahl über die Abweisung des Krankenhauses bei Tumorerkrankungen hin zu Terrorismus. In den 90er Jahren wurden 330.000 peruanische Indigene zwangssterilisiert, um sie so langsam auszurotten.
Wenn man diese Geschichten erzählt bekommt, weiß man meist nicht, wie man reagieren soll. Man fühlt Unglauben, Mitleid, Trauer, Wut kommt auf. Und man schämt sich. Obwohl man persönlich nicht verantwortlich ist. Aber Scham habe ich trotzdem häufig empfunden.
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Und plötzlich begreift man: Wir sind alle verantwortlich. Nicht nur aus historischer Sicht. Aber eine andere Sache habe ich auch verstanden: Ich habe eigentlich keine Ahnung, was in der Welt so los ist. Ich halte mich für einen sehr politisch interessierten Menschen, hatte überlegt, Politikwissenschaften zu studieren. Aber nun sehe ich mich mit dem Fakt konfrontiert, eigentlich keinerlei Einblick in viel zu viele Bereiche der Politik und ihre Auswirkungen zu haben. Der Schock dieser Erkenntnis hat mich dazu gebracht, nun, Zuhause, mit Zugang zu Büchern und dank Corona auch mit genug Zeit, viel zu recherchieren und mich weiterzubilden. Angefangen mit Erfahrungsberichten aus den Jahren der Zwangssterilisierung und Büchern über Kolonialismus bereite ich im Moment einen Workshop über nachhaltige Entwicklungshilfe für den neuen Freiwilligenjahrgang vor. Und das Seminar zum Indigenenrecht, das ich vor gut einem Monat vorbereitete, hielt weitere Enttäuschungen bereit. So sind die wirklich wichtigen, umfassenden Dokumente zum Indigenenrecht nicht bindend. Natürlich nicht. Ich lese Berichte über die Umsetzung des Indigenenrechts und habe das Gefühl, je weiter man gräbt, desto schlimmer wird es. In diesem Fall stimmt es wohl. Ungebildet lebt man glücklicher. Aber trotz allem fühle ich mich verpflichtet, mich zu informieren, alles Wissen in mich einzusaugen, alles zu lernen, was man lernen kann, um eines Tages vielleicht wirklich einen Unterschied zu machen.
Und schlussendlich, obwohl ich das anfangs wohl nicht erwartet hatte, erfüllt man die Erwartungen des Ministeriums.
Ein Jahr und drei Monate ist es her, dass ich in der wunderschönen Stadt Berlin, der Hauptstadt von Deutschland angekommen bin. Mein erster Eindruck von Berlin war toll, mit vielen Vorstellungen, was mich wohl erwarten wird. In dieser Zeit habe ich viel erlebt. Einige Momente waren nicht so gut und andere waren so schön, dass ich nicht wollte, dass sie enden. Ich hatte Zeit, Freunde zu verabschieden, neue Freunde zu finden, zu lachen aber auch zu weinen und Zeit, um zu lernen und um neue Orte zu entdecken oder auch einfach, um Zuhause zu entspannen.
Eindrücke aus der Hauptstadt
In der Hauptstadt von Deutschland zu leben, war eine große Bereicherung mit vielen spirituellen, emotionalen und menschlichen Herausforderungen. Ich habe viele Situationen erlebt, für die ich mich noch nicht bereit gefühlt habe, aber das ist hier für viele nicht interessant. Um das zu begreifen, habe ich sehr lange gebraucht und obwohl wir in einem Industrieland leben, fehlt es vielen Leuten an der Deckung ihrer Grundbedürfnisse. An diesen Tagen endet eine Jahreszeit, die Tage werden kürzer, der Herbst kommt. Die Blätter der Bäume wechseln ihre Farbe und man kann Schritt für Schritt sehen, wie der Herbst die Stadt übernimmt und sich die Menschen für den Winter vorbereiten.
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Es war eine Zeit in meinem Leben, in der ich dem nachgehen konnte, was mir am meisten Spaß macht. Zudem war es aufregend, Teil einer anderen Art von Leben in einer jungen Generation zu sein. Etwas, was sich so einfach anhört und jeder machen kann, aber in einer Stadt wie Berlin und allgemein auf der Welt Stück für Stück verloren geht, ist das Konzept von Gemeinschaft. Daraus folgt, dass viele Menschen die Hilfsbereitschaft anderer nicht zu schätzen wissen und die hilfsbereiten Menschen nicht wahrnehmen. Anstatt mich über diese Umstände aufzuregen, gelingt es mir mittlerweile die meisten davon positiv zu sehen.
Viele Personen fragen mich nach meiner Zeit in Deutschland, einige sagen mir, dass es hier (in Deutschland) allen Menschen gut geht und niemand Hilfe braucht, vor allem nicht von einem Costa-Ricaner, der das „Pura Vida“ verbreiten möchte. Andere Deutsche sagen mir, dass ich lieber die Natur in Costa Rica genießen sollte, anstatt mich dem Stress einer Großstadt auszusetzen. Aber all die Zweifel und Kritik nehme ich nicht ernst und ich versuche mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sowie auf die angenehme Zeit, die ich in München verbringen durfte. Ich war voller Adrenalin; ich konnte endlich auf der berühmten Welle mitten in der Stadt surfen. Eine wunderschönen Stadt, voller Magie, sehr netten Bewohnern und einer interessanten Kultur. Das alles (und das leckere essen) macht München zu einer Stadt, die man gesehen haben muss.
Andererseits weist mich das Großstadtleben in Berlin jeden Tag aufs Neue auf die Gefahr der Pauschalisierung hin. Jeder Mensch hat etwas Besonderes, das ihn ausmacht. Wir dürfen nicht denken, dass jeder Mensch gleich ist und so handelt wie wir es aufgrund unseres kulturellen Hintergrunds erwarten. Nur weil du andere Bedürfnisse oder Probleme hast, macht es dich nicht schlechter oder besser als andere Menschen.
Wir sollten mehr Empathie und Barmherzigkeit für jedes Individuum entwickeln, welches unseren Weg kreuzt. Denn niemand von uns weiß was uns in Zukunft erwartet. Wir müssen uns über die existenziellen Bedürfnisse dieses Jahrhunderts bewusst werden, um so unseren Mitmenschen zu helfen und Hoffnung zu schenken.
Ahora es el tiempo para brindar esperanza no te quedes con ese miedo de compartir optimismo. De salir y levantar la bandera de la esperanza aun cuando muchos han fallado siempre debemos llevar un nuevo